Samstag, 15. Januar 2011

Teaser zu "Die Gesellschaft und ihre Organisation" (Niklas Luhmann 1994)

Luhmann versucht in dem Text "Die Gesellschaft und ihre Organisation" (1994) folgende Fragen zu beantworten: "Kann man sagen, dass Organisationen ein anderer Gegenstand sind als die Gesellschaft und ihre Teilsysteme, obwohl es doch in all diesen Teilsystemen von Organisationen nur so wimmelt und organisationsfreie Interaktionen [...] schwer zu entdecken sind? Worin besteht eigentlich der Unterschied dieser Systemformen? Und sodann: wieso scheinen sie aufeinander angewiesen zu sein?" (Luhmann 1994, 189).  

Es werde die zentralen Organisations-Eigenschaften Mitgliedschaft (Struktur) und Entscheidungen (Kommunikation) aus systemtheoretischer Perspektive beleuchtet. Desgleichen diskutiert Luhmann wie sich Organisation als Typ eines sozialen Systems von Funktionssystemen abgrenzt (z.B. dass Organisationen in allen Funktionssystemen vorkommen) und wie die Bedeutung bzw. das Verhältnis der Organisation zu diesen “Hochleistungsbereichen” (S. 190) ist - bspw. die wichtige Differenz der Inklusion/Exklusion

Im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen nach der “Autopoiesis”-Wende von 1984 verwendet Luhmann viele Beispiele zur Illustration seiner abduktiven Abhandlung.
 

Literatur
  • Lieckweg, Tania 2001. Strukturelle Kopplung von Funktionssystemen "über" Organisation. In: Soziale Systeme 7, Heft 2, ISSN 0948-423X.
  • Luhmann, Niklas 1984. Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp (stw666), ISBN-10: 3-518-28266-2.
  • Luhmann, Niklas 1994. Die Gesellschaft und ihre Organisation. In: Derlin, Hans-Ulrich; Gerhardt, Uta; Scharpf, Fritz W. (Hrsg.): Systemrationalität und Partialinteresse. Festschrift für Renate Mayntz. Baden-Baden: Nomos, 189-201.
  • Luhmann, Niklas; Baecker, Dirk (Hrsg.) 2002c. Einführung in die Systemtheorie. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme, ISBN: 3896702920.


Anmerkungen:
"Diese Offenheit und Irritabilität des Systems in Bezug auf eigene Zustände bei garantierter Kommunikationsfähigkeit ist Voraussetzung für die gesellschaftliche Funktion von Organisationen" (192). Organisationen der Wirtschaft konzentrieren sich aufs Geldverdienen - selbstreferente Kommunikation. Fremdreferente Kommunikation beobachtet z.B. den Markt oder indirekt Kunden - alles in einem schmalen Ausschnitt der möglichen Kommunikationen; zumindest aus Sicht der Organisation; bspw. ähnlich  dem "Gehirn über Auge und Ohr" (Luhmann/Baecker 2002, 121). Zudem ist vertraute private Kommunikation, z.B. zwischen Angestellten, nicht Teil der Kommunikation der Organisation. Ein Tennisclub kommuniziert, dass Plätze im Sommer wieder hergerichtet werden oder - außer dem eigentlichen Sporttreiben - wann und wie das nächste Turnier organisiert wird. Dies ist eine komplexitätsreduzierte thematische Konzentration der Kommunikation innerhalb des Systems. "Über Organisationen macht die Gesellschaft sich diskriminationsfähig, und zwar typisch in einer Weise, die auf Funktion, Code und Programme der Funktionssysteme abgestimmt ist" (193).


Stichworte:
  • Organisationen, Gesellschaft und ihre Teilsysteme, Systemformen, Kommunikationen, rekursiven Netzwerk, Operationen, Mitgliedsrollen, ausdifferenziert (189).
  • Entscheidungen, Regeln, Entscheidungsspielräume, Irritabilität, Gesellschaft, Funktionale Differenzierung, Funktionssystem, Hochleistungsbereiche (190)
  • kollektive Akteure, strukturelle Kopplungen (191). "Eine weitere gesellschaftliche Funktion von Organisationen könnte man als Verdichtung von strukturellen Kopplung zwischen Funktionssystemen  bezeichnen" (195). Bzgl. Organisation und struktureller Kopplung siehe Lieckweg 2001.
  • Inklusion, Exklusion, Personen, Funktionssysteme. "Daß gerade Funktionssysteme auf Organisationen angewiesen sind, ergibt sich aus einem Umkehrverhältnis von Inklusion und Exklusion" (192). "Die Organisation kann Mitglieder einstellen und entlassen, sie kann Inklusion und Exklusion regulieren" (193).
  • Konditionalprogramm, Interdependenzen. "[I]nnerhalb der Funktionssysteme [werden] Interdependenzen unterbrochen und Stufenfunktionen hergestellt" (193f.)
  • Stufenfunktionen, "Interdependenzunterbrechungen (Ultrastabilität) [ist] ein notwendiges Erfordernis komplexer dynamischer Systeme" (194).

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